Ein Versagen in puncto Menschlichkeit

Getting your Trinity Audio player ready...

Frederick Banting und Charles Best, die zusammen mit James Collip und John Macleod 1921 das Insulin entdeckten, verfolgten von Anfang an ein ethisch motiviertes Ziel: Sie wollten, dass Insulin für alle Menschen, die es benötigen, zugänglich und bezahlbar ist.

Banting lehnte es ab, seinen Namen auf das Patent zu setzen, und die Forscher verkauften das Patent 1923 für den symbolischen Preis von 1 Dollar an die University of Toronto. Banting sagte dazu:

„Insulin gehört nicht mir, es gehört der Welt.“

Das Ziel war klar: Niemand sollte aus finanziellen Gründen von einer lebensrettenden Therapie ausgeschlossen werden.

Historische Umsetzung

Nach dem Verkauf des Patents an die Universität Toronto wurde die Produktion zunächst durch die Connaught Labs in Kanada und durch Lizenzvergabe an den US-Pharmakonzern Eli Lilly ermöglicht.

In Kanada wurde die Produktion rasch ausgebaut und der Preis pro Insulineinheit konnte bereits 1923 deutlich gesenkt werden.

Trotz der ursprünglichen Absicht, Insulin allen zugänglich zu machen, hat sich die Situation im Laufe der Jahrzehnte grundlegend verändert. Der Zwang, mit der Insulinproduktion Geld zu verdienen war stärker.

Und hier bitte ich noch einmal darüber nachzudenken.

Eine realweltliche Entdeckung, die Menschenleben rettet, wurde dem Paradigma unterworfen, ein virtuelles Objekt, nämlich Geld, anzuhäufen, anstatt lebensrettende Insuline allen insulinpflichtigen Menschen kostengünstig zur Verfügung zu stellen!!!

Zentrale Zahlen und Fakten

Weltweit benötigen schätzungsweise rund 100 Millionen Menschen Insulin, darunter alle Menschen mit Typ-1-Diabetes und ein wachsender Anteil mit Typ-2-Diabetes.

Für etwa die Hälfte dieser Menschen – also rund 50 Millionen – ist der Zugang zu Insulin erschwert oder gar nicht möglich.

Die Weltgesundheitsorganisation bestätigt: Global erhält jede zweite Person mit Typ-2-Diabetes, die Insulin benötigt, dieses lebenswichtige Medikament nicht.

Studien zeigen, dass in vielen Ländern die tatsächliche Insulinversorgung nur etwa 48 % des Bedarfs deckt – das bedeutet, dass weltweit etwa 50 % der insulinpflichtigen Menschen Schwierigkeiten beim Zugang haben.

Die weltweite Insulinproduktion wird fast vollständig durch den globalen Insulinmarkt abgebildet, der 2024 auf etwa 29,4 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde und bis 2034 voraussichtlich auf 43 Milliarden US-Dollar wachsen wird.

Das Wachstum wird durch die steigende Zahl an Diabetes-Erkrankungen, insbesondere Typ-2-Diabetes, getrieben. Die International Diabetes Federation prognostiziert einen Anstieg der Diabetesfälle von 537 Millionen im Jahr 2021 auf 643 Millionen im Jahr 2030 und sogar auf 783 Millionen im Jahr 2045.

Die Insulinproduktion ist extrem konzentriert: Über 90 % des Weltmarktes werden von nur drei Unternehmen kontrolliert – Novo Nordisk, Eli Lilly und Sanofi. Diese Unternehmen haben die Preise für Insulin massiv erhöht, obwohl die Produktionskosten pro Ampulle bei nur etwa 6 Dollar liegen!!!

Insulin wird in weniger als 20 Ländern weltweit produziert, die meisten Länder sind auf Importe angewiesen.

Produktarten

Der Markt wird dominiert von Insulinanaloga, die 2024 einen Umsatzanteil von 22,3 Milliarden US-Dollar ausmachten. Langwirksame Insuline stellen mit etwa 45 % den größten Produktanteil dar.

Biosimilar-Insuline gewinnen an Bedeutung, da sie kostengünstiger sind und den Zugang in preissensiblen Märkten verbessern könnten.

Regionale Verteilung

Nordamerika hält mit 40,3 % den größten Marktanteil, gefolgt von Europa und der Asien-Pazifik-Region, die beide ein starkes Wachstumspotenzial aufweisen.

Die Produktion und der Zugang zu Insulin sind in einkommensschwachen Ländern deutlich eingeschränkt, was zu Versorgungsengpässen führt.

Regionale Unterschiede

Besonders gravierend ist die Unterversorgung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, etwa in Afrika und Teilen Asiens. Hier ist die Verfügbarkeit von Insulin in Gesundheitseinrichtungen oft deutlich unter 80 %, dem Zielwert der WHO.

In Afrika erhalten nur etwa 14 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes, die Insulin benötigen, tatsächlich Insulin.

In Lateinamerika und den USA ist die Versorgung besser, aber auch hier bestehen Barrieren, insbesondere für ärmere Bevölkerungsschichten.

Hauptgründe für die Unterversorgung

Hohe Preise von Insulin, die von wenigen multinationalen Konzernen bestimmt werden.

Geringe Verfügbarkeit, da Insulin nur in etwa 20 Ländern produziert wird und die meisten Länder auf Importe angewiesen sind.

Schwache Gesundheitssysteme, weite Wege zu Gesundheitseinrichtungen und fehlende Finanzierung oder Erstattung durch die Gesundheitssysteme.

In vielen Ländern ist Insulin im öffentlichen Sektor häufig nicht verfügbar, sodass Betroffene auf teurere private Anbieter ausweichen müssen.

Wo bleibt die Menschlichkeit?

Aus Geldgier sterben Menschen mit Diabetes, weil sie keinen ausreichenden Zugang zu Insulin haben.

Ich frage mich, wie die Menschen, die das verantworten, morgens oder wann auch immer in den Spiegel blicken können und nicht einen automatischen Würgereiz bekommen.

Ich glaube, dass es auf lange Sicht eine ausgleichende Gerechtigkeit gibt – zumindest sage ich mir das, um eben nicht die Hoffnung zu verlieren, dass sich die Situation bessern wird.

„Insulin gehört nicht mir, es gehört der Welt

Ich glaube daran, dass wir es schaffen werden, das Motto wahr zu machen.

Quellen

2 thoughts on “Ein Versagen in puncto Menschlichkeit

    1. Liebe Caro,
      du kämpfst ja schon länger gegen diese Missstände.
      Wir bleiben dran, damit alle, die Insulin benötigen, oder ein anderes Medikament, es auch bekommen. Denn das ist ein Menschenrecht.
      Es muss Schluss sein mit diesem erzwungenen Zweiklassensystem – denn damit verlieren letzten Ende alle.

      Access to insulin is a human right

      https://www.change.org/p/urging-uninterrupted-insulin-access-in-humanitarian-crises

      https://www.openpetition.de/petition/online/mangelversorgung-typ1-diabetes-mit-insulinpumpen

Schreibe eine Antwort zu AlenAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.