Ein neues CGM System – Poctech von Yuwell

Getting your Trinity Audio player ready...

Nachdem ich auf dem DDG in Berlin den Stand von Yuwell besucht hatte, und mir klar wurde, dass hier der als „Poctech“ bekannte CGM Sensor vorgestellt wurde, kam ich mit verschiedenen Mitarbeitern ins Gespräch.

Ich bekam Sensoren, und später einen Transmitter zugesendet, den ich testen und ausprobieren durfte.

Transmitter und Sensor mit Setzhilfe in der Verpackung

Interessant ist das schon alleine deshalb, weil erstens, Konkurrenz auf dem Markt der CGM Systeme dringend nötig ist, und zweitens – und das macht es noch interessanter! – ist dieses CGM mit AAPS kompatibel nutzbar.

Neugierig wie ich bin, musste ich das natürlich ausprobieren! Um es vorweg zu nehmen: es funktioniert mit AAPS! Wie gut oder wie schlecht, das könnt ihr dem folgenden Bericht entnehmen und am Ende für euch selbst entscheiden.

Es sei erwähnt, dass ich das System im Vergleich zum Dexcom G6 getragen habe, und es somit auch immer direkt damit vergleiche! Darüber hinaus habe ich keinerlei Zuwendungen oder Geldmittel erhalten und kann somit ohne Einschränkungen berichten.

  • Transmitter auf der Hand, von oben und von unten, Setzhilfe, Sensor von Poc neben G6

Zu den Fakten:

Das CT-T0 CGM hat folgende Eigenschaften:

  • 10 Tage Tragedauer,
  • Lesezyklus alle 3 min
  • Mit AAPS koppelbar und lesbar, Verbindung zu xdrip möglich
  • 1 Stunde Aufwärmphase (in der mitgelieferten Anleitung stand bei mir noch 3 Stunden, dies müsste aktualisiert werden)
  • Erwünschte Kalibrierung 1 mal täglich – morgens nüchtern * siehe hierzu auch den Bericht!
  • Wasserdicht, duschen, baden bis zu 1 Std. und 1 m möglich
  • Größe im Vergleich zum Dexcom G6 siehe Bild! Gewicht des Transmitters inkl. Batterie 8g
  • Nach 10 Tagen braucht der Transmitter eine neue Batterie (Knopfzelle CR 1620), da die Restspannung nicht ausreicht, um einen weiteren Sensor zu starten – die Batterie wird, laut Aussage der Mitarbeiter, mit jedem Sensor mitgeliefert.
  • In einer klinischen Studie von 2015 wurde ein MARD Wert von 9,61% erreicht (in Vergleich zu Messungen aus der Fingerbeere) – ein MARD von 8,67% (im Vergleich zur Messung aus der Vene).

Über die App:

  • IOS Version und Android Version verfügbar und Cloud (beschrieben wird hier ausschließlich die Android-Version)
  • In der App gibt es eine ausführliche Bedienungsanleitung, bisher allerdings nur in englischer Sprache!
  • Die App verfügt leider nicht über ein Widget, so dass man die App immer öffnen muss, um Werte zu sehen.  Auch kann man in der App keine Screenshots machen.
  • Die App und die Cloud sind nur bedingt barrierefrei – ich kann das aber nur bedingt beurteilen. Teilweise lassen sich die Seiten über Talkback lesen. Die Diagramme sind aber nur sehr begrenzt lesbar. Hier müsste man sicher noch an einigen Darstellungen Verbesserungen vornehmen!
  • Die App muss die Berechtigung haben, am Anfang gestartet zu werden, sonst lässt sie sich nicht öffnen  – was sehr nervig ist, denn sie poppt damit nach jedem Entsperren des Handys auf und muss „weggeklickt“ werden… sehr, sehr nervig!
  • In der App kann man zwischen mmol und mg/dl umschalten.
  • Alarme kann man einstellen und auch snoozen…. Dies aber nicht manuell, sondern nur nachdem der Alarm ausgelöst wurde. Hier kommt ein Popup mit der Möglichkeit, den Alarm für 20 min stumm zu schalten.
  • Man hat auch die Wahl, Alarme wie folgt anzupassen: Ton – Ton und Vibration – Vibration – Stumm
  • Alarme niedrig einstellbar: 36 -117     hoch einstellbar: 120-360
  • Der Ton des Alarms ist nicht konfigurierbar – er klingt wie ein Autohupen (3x)
Kopie aus der Anleitung mit Markierung der falschen Aussage über konfigurierbare Töne
  • Den Zielbereich kann man lediglich über die Cloud festlegen, in der die Daten gesammelt werden können. Hier kann man den Zielbereich zwischen 60 -295 für niedrig und 75 – 295 für hoch einstellen.
  • Urgent low kann zwischen 54 und 50 eingestellt werden und man definiert hier auch, wann Tag und Nachtzeiten sein sollen. Es gibt die Möglichkeit Notizen zu machen, diese sind aber nicht individualisierbar. Hier habe ich lediglich die Möglichkeit per Button „Insulin“ –  „Medikamente“ – „Sport“ und „Mahlzeit“ anzuklicken. Es gibt hier keine Möglichkeit, die Dauer oder Mengen oder freie Notizen einzugeben.

Über die Cloud:

Nach der Anmeldung des Transmitters in der Cloud, sendet dieser die Daten automatisch hoch. Es gibt hier viele, verschiedene und recht umfassende Auswertungsgrafiken und Statistiken. Die Cloud ist optimiert für die Darstellung im Crome-Browser – wobei hier auf mobilen Geräten die Darstellung nur im Querformat gut funktioniert. Zum Download von Auswertungen wird man gebeten, diese auf einem PC oder Tablet zu machen.

Ein Problem an der Cloud ist, dass man seinen eigenen Accout nicht löschen kann!! 😒 Auch gibt es im eigenen Profil keine Einstellungen oder Änderungsmöglichkeiten für eingegebene Daten.

Um zu sehen, wie die Berichte aussehen, gebe ich euch mal meine Daten frei. Hier könnt ihr sehen, wie die Auswertungen aussehen!

POCTech-Report14Tage

POCTech-Report_AGP

Zum Tragekomfort:

Es wird empfohlen, den Sensor am Oberarm oder am Bauch zu tragen. Ich habe mich für den Oberarm entschieden (obwohl das sonst nicht meine Lieblingsstelle ist!). Ich kann mich über den relativ großen Sensor aber nicht beschweren. Er hat mich in keinem Moment gestört. Durch seine abgerundete Form ist er gefällig. Ich bin nirgends hängen geblieben, er hat mich auch beim Schlafen nicht gestört.

Das Pflaster hat bei mir perfekt gehalten. Auch Wasser oder Schweiß hat an der Klebekraft nicht viel verändert. Haftung perfekt – leider habe ich aber leichte allergische Reaktionen verspürt. Ab Tag 3 verspürte ich einen leichten Juckreiz, der sich aber aushalten ließ, so dass ich den Sensor bis zum Ende tragen konnte.

Bild vom Arm nach Abnahme des Sensors mit roter Stelle wo der Senorfaden war und Hautirritation am Pflasterrand

Als ich den Sensor entfernte, konnte ich sehen, dass ich nicht auf das Pflaster, sondern eher auf den Sensorfaden reagiert habe. Hier war die Einstichstelle leicht entzündet.

Hautirritation aus anderem Winkel

Zum Verhalten und zur Nutzung des Sensors:

Es wird empfohlen, den Sensor mehrfach zu kalibrieren… nach dem Start braucht er eine Initial-Kalibrierung.

Anschließende Kalibrierungen sind empfohlen, werden aber vom System nicht zwingend eingefordert!

  • Nach der Initialisierung
  • Am ersten Tag vor dem Abendessen und vor dem Zubettgehen
  • Am zweiten Tag nüchtern vor dem Frühstück und vor dem Abendessen
  • Alle weiteren Tage jeweils vor dem Frühstück

Alle Kalibrierungen lassen sich nur bei konstanten Werten eingeben!

Ein wenig anstrengend ist die ausschließliche Eingabe der Werte über ein Scrollrad! Einfacher wäre es, den Wert über Zifferneingabe erledigen zu können.

⚠️🏴‍☠️🚩Am Ende der Laufzeit des Sensors erfolgt keinerlei Warnung oder Ankündigung – was ich für problematisch halte. Der Sensor hört einfach auf, Werte zu liefern. Es gibt hier keinerlei Benachrichtigung!!!🆘

Wie genau waren denn nun die Werte???

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, da ich keine wissenschaftliche Vergleichsstudie gestartet habe. Ich versuche daher mal hier meine ganz persönlichen Eindrücke wieder zu geben.

zwei BZ Werte
Dex 65
Poc 68

Beim Start war der erste Wert perfekt im Vergleich zum Dexcom – und hier kann ich im Folgenden immer nur im Vergleich zum Dexcom G6 sprechen, da ich diese beiden Systeme parallel am Start hatte. Der G6 lief in dieser Zeit ziemlich genau, verglichen mit den zur Kontrolle gemachten BZ-Werten. Der Dexcom saß am Rücken, während der Poctech am Arm saß.

Nach einer Stunde Laufzeit betrug die Abweichung 15 mg nach unten. Am erstem Morgen lag der G6 bei 157 und der Poc bei 130. Nach der Kalibrierung laufen beide Sensoren im Bereich +/-20 mg parallel, wobei der Poctechsensor eher niedriger misst. Da ich ja neugierig bin, habe ich am folgenden Tag die Kalibrierung mal ausgelassen: folglich war der Poctech den ganzen Tag sehr abweichend – diesmal viel zu hoch (30 bis zu 90 mg).

zwei Bz Werte  Trendpfeil schräg hoch
Dex 129
Poc 94   2 Trendpfeile nach unten

Ohne Kalibrierung läuft der Sensor deutlich schlechter und die Abweichungen sind stärker… mal nach oben, meist aber misst er eher zu niedrig. Das System fordert die Kalibrierungen aber nicht ein, d.h. man wird nicht dazu aufgefordert.

BZ Werte 
Dex 231
Poc 161

Poc Transmitter mit Lama-Aufkleber

Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass der Sensor einfach träger reagiert als der Dexcom G6. Die größten Abweichungen gab es bei stark steigenden oder stark fallenden BZ-Werten. Hier zeigt der G6 einfach schneller an, während der Poc dann schon mal 10 bis 15 hinterher läuft. Dies ist auch der Grund, warum er von mir den Lama-Aufkleber erhalten hat….kein Drama-Lama aber ein Lahmes-Lama…

Tag 10
Dex Bz Wert 93
Poc Wert 95

Am Ende der Laufzeit wurde die Kurve leicht holprig, so wie das beim G6 bei mir auch öfter der Fall ist. Die Werte waren aber weiterhin so genau oder ungenau wie vorher.

Am Ende der Laufzeit gibt es auch leider keinerlei Erinnerung oder Alarm, dass sich der Sensor abschalten wird- das tut er leider sehr geräuschlos! Hier braucht es dringend eine Erinnerung, wie ich finde!

ProContra
AAPS kompatibel —
Form gefälligRelativ groß im Vergleich zu G6 oder Libre
Transmitter 2 Jahre nutzbarBatterie nach jedem Sensor ersetzen (die wird mitgeliefert, aber in Bezug auf Nachhaltigkeit fragwürdig)
1 Std Aufwärmphase
kalibrierbarKalibrierung nötig für passende Werte
Nutzung über die AppApp hat kein Widget, poppt ständig auf
CloudspeicherNoch unsauber programmiert
Auswertungen downloadbarDownload nur über PC/Tablet möglich
Alarme ausschaltbarAlarme im Ton nicht individualisierbar
 Notizenfunktion vorhandenNotizenfunktion in der App zu starr
Barrierefreiheit???Barrierefreiheit???
 Sensorfaden relativ dick –Allergie?

Wie man hier gut erkennen kann, ist der Sensorfaden vom Poctech-Sensor dicker, bzw. breiter als der von Dexcom.

Mein Fazit

Im Grunde ein gutes System, wenn auch deutlich träger in der Reaktion auf sich schnell verändernde Werte. Es braucht auch eine regelmäßige Kalibrierung, um verlässliche Werte zu bekommen. Ich würde mir auch noch wünschen, dass die App und die Cloud an der ein oder anderen Stelle überarbeitet und sauberer programmiert werden. Ein Alarm bei Ablauf des Sensors ist aus meiner Sicht unerlässlich. Ich würde mir auch die individuelle Einstellung von Alarmtönen und das manuelle Stummschalten der Warnmeldungen zu jedem Zeitpunkt wünschen. Als Konkurrenzprodukt auf dem CGM-Markt ist dieses Produkt durchaus willkommen!

Soweit ich weiß, ist die Zulassung erfolgt, es gibt auch schon eine Nummer für das Hilfsmittelverzeichnis. In Kürze sollte es hierzu weitere Informationen geben!

Anbei noch ein paar Bilder von der App, den Cloud-Seiten und Co!

  • verschiedene Seiten aus der Cloud und von der App

4 thoughts on “Ein neues CGM System – Poctech von Yuwell

  1. Hallo Caro,

    Dein Bericht finde ich sehr interessant und informativ. Sehr gut verständlich. Vielen Dank für Dein Engagement.
    Liebe Grüße
    Lothar

      1. Hallo Caro,

        Danke für den gut verständlichen Testbericht.

        Ich hoffe die Hersteller werden gemäß Deinen Wünschen und Vorstellungen weiter entwickeln.

        Sei bitte so lieb und schreib noch was zu der Setzhilfe.

        Liebe Grüße
        Evelyn

        1. Hallo Evelyn!
          Das hoffe ich auch sehr! Was willst du denn zur Setzhilfe wissen? Sie ist einmal zu nutzen. Wird schräg aufgesetzt und per Knopfdruck wird ausgelöst! Das entriegeln fand ich ein wenig fummelig, je nachdem wo man den Sensor setzt! 😉

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