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https://de.wikipedia.org/wiki/Vitruvianischer_Mensch
Dieses Thema ist im weitesten Sinne inspiriert durch die Podcast-Folge 363 – Ruhig Blut(zucker) – wenn Du morgen sterben würdest von Sascha Schworm, Zuckerjunkies (zu finden unter Zum Podcast! ).
Beim Zuhören dieses Podcasts sind mir verschiedene Dinge durch den Kopf gegangen, die ich dann hier mal versucht habe, zu sortieren… für mich spielt hier das Maß aller Dinge eine zentrale Rolle…denn das Leben ist nicht so einfach in schwarz und weiß zu sortieren…dabei sind mir zunächst jede Menge Fragen eingefallen…
Was bedeutet es, das richtige Maß zu finden?
Und in welchen Bereichen braucht es ein Maß?
Bezogen auf Diabetes…die Blutzuckerwerte werden gemessen und damit auch bewertet. Doch was ist die der richtige Bewertungsmaßstab?
Wie viel Bedeutung muss man den Zahlen geben und wann muss man damit entspannt umgehen?
Wer legt überhaupt ein Maß fest?
Gibt es für alles individuelle Maßstäbe oder muss ich mich gewissen Maßstäben anpassen?
**Das Maß aller Dinge: Auf der Suche nach dem goldenen Mittelweg**
In einer Welt, in der Zahlen, Daten und Fakten eine riesige Rolle spielen, scheint das Konzept des „richtigen Maßes“ ein Anker der Vernunft zu sein. Es ist ein Prinzip, das sich durch ALLE Aspekte unseres Lebens zieht, von der Gesundheit bis zur Moral, von der Liebe bis zur Arbeit. Starten wir mit der Gesundheit, die uns ja alle betrifft.
Gerade Menschen mit Diabetes werden besonders über Zahlen „bewertet“ – und das sage ich in Zeiten der #LanguageMatters Bewegung an dieser Stelle bewusst so. Denn bei jedem Quartalstermin werden zunächst die harten Fakten in Form von Daten und Zahlen erfasst: Gewicht, Blutwerte, Blutzucker aktuell und Langzeitwert, etc pp. Dann erst kommt man über diese Zahlen ins Gespräch über Gründe, Ursachen und mögliche Handlungsfolgen. Hier kommt es leider oft zu einer Bewertung des Menschen durch diese Zahlen – Doch diese Zahlen sind mehr als nur Werte auf einem Display; sie sind Indikatoren für ein Gleichgewicht, das es zu wahren gilt. Die Herausforderung besteht darin, die Zahlen nicht als strenge Richter zu sehen, sondern als Wegweiser, die uns helfen, unseren Körper zu verstehen und entsprechend zu handeln. Und bewerten können wir unsere Anstrengung dafür, bestimmte Ziele zu erreichen, aber niemals sollten wir das erreichte Ziel selbst bewerten!
Dass Menschen Freude daran haben, ihre Schritte zu zählen, ihre Aktivitätsminuten zu tracken und ihren Schlaf zu vermessen, kann ich nur schwer nachvollziehen. Das liegt sicher daran, dass mein Leben seit meiner Diabetes-Diagnose zeitlich getaktet und immer mit Zahlen vermessen wurde. Dass es motivieren kann, seine Schritte zu zählen, kann ich ein wenig nachvollziehen – aber auch nur für eine begrenzte Zeit, in der man sich ggf. neue, andere als alltägliche Ziele gesetzt hat.
Welche Zahlen man sich als Ziel in der Diabetes-Therapie setzt, ist individuell sehr unterschiedlich. In meinem Artikel „Time in Range und Time in tight Range – oder doch eher „Zeit in Rage“? ?“ (siehe BSL – Zum Artikel! ) kommt dieser Gedanke auch noch einmal auf globalerer Ebene zum Tragen. Gesundheit und Wohlbefinden: Zwischen Messung und Intuition … irgendwo liegt der goldene Mittelweg, der individuell sicherlich wieder sehr unterschiedlich sein dürfte.
**Die Dosis macht das Gift: Genuss und Gefahr **
Paracelsus, ein Pionier der modernen Medizin, sagte einst: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass
ein Ding kein Gift ist.“ Diese Worte finden ihre Bedeutung wieder, wenn wir über den Konsum von Alkohol oder den Umgang mit Medikamenten nachdenken. Es ist das Maß, das einen Stoff von einem Heilmittel in ein Gift verwandeln kann. Das richtige Maß zu finden, ist daher nicht nur eine Frage der Gesundheit, sondern oft auch ein Maß für Genuss und damit für Lebensqualität.
**Liebe und Erziehung: Die Kunst des Loslassens**
Auch in zwischenmenschlichen Beziehungen spielt das Maß eine entscheidende Rolle. Zu viel Liebe kann erdrückend sein, zu wenig kann Entfremdung verursachen. Als Mutter und Lehrerin habe ich immer auch einen Blick auf die Kindererziehung – hier ist es ein Tanz zwischen Unterstützung und Freiheit, bei dem Eltern lernen müssen, wann sie helfen und wann sie vertrauen sollen. Das richtige Maß an Begleitung und Freiraum ermöglicht es Kindern, zu selbstständigen Individuen heranzuwachsen und ihren eigenen Charakter auszubilden.
**Selbstfürsorge: Zwischen Achtsamkeit und Egoismus**
In unserer stressigen Welt kommen Burnout und Depressionen immer häufiger vor. Besonders unter Menschen mit Diabetes ist diese Diagnose überdurchschnittlich häufig anzutreffen. Selbstfürsorge ist ein weiterer Bereich, in dem das Maß entscheidend ist. Ein gewisses Maß an Achtsamkeit kann uns vor Burnout und Depression schützen. Doch wenn wir nur noch auf uns selbst achten, laufen wir auch Gefahr, uns von der Welt und den Menschen um uns herum zu isolieren. Es ist ein Balanceakt zwischen Selbstliebe und Solidarität, zwischen dem eigenen Wohlergehen und dem Beitrag zum Wohl der Gemeinschaft. Dieser Gedanke gilt ebenso für die aktuell so moderne Einstellung zur Work-Life-Balance. Hier schließt sich auch der Kreis zur o.g. Podcast-Folge, in der Sascha dazu rät, sich von Dingen und Menschen im Leben zu trennen, die einem vermeintlich nicht gut tun. In unserer schnelllebigen Zeit ist die Suche nach einer gesunden Work-Life-Balance eine der größten Herausforderungen. Wir jonglieren zwischen Karriere, Familie und Freizeit, immer auf der Suche nach dem goldenen Mittelweg. Doch wo liegt das Maß zwischen harter Arbeit und notwendiger Erholung? Zwischen dem Streben nach Erfolg und dem Genießen des Augenblicks? Was kann/muss ich ertragen und wovon kann/sollte ich mich befreien? Wie können wir das messen? Hier ist auch individuelles Gefühl und Wahrnehmen sehr unterschiedlich von Mensch zu Mensch und von Situation zu Situation.
**Ernährung: Zwischen Mangel und Überfluss**
Unsere Ernährung ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft: Wir schwanken zwischen Überfluss und Mangel, zwischen Genuss und Gesundheit. Zu viel Zucker, zu viel Fett – diese Warnungen sind uns allen bekannt. Doch wo ist das Maß, das uns erlaubt, zu genießen, ohne unsere Gesundheit zu gefährden?
**Sport und Aktivität: Das richtige Maß finden**
Auch beim Sport stellt sich die Frage nach dem Maß. Zu viel Training kann zu Verletzungen führen, zu wenig zu einem ungesunden Lebensstil. Es geht darum, auf unseren Körper zu hören und ein Maß zu finden, das uns fit hält, ohne uns zu überfordern. Helfen uns dabei die bereits oben genannten vielen Tools zur Vermessung unserer Aktivitäten und unseres Schlafes? Oder treiben diese uns „nur“ an noch mehr auf messbare Leistungen zu schauen?

**Das individuelle Maß: Wer bestimmt die Regeln?**
Letztendlich ist das richtige Maß eine höchst persönliche Angelegenheit. Es gibt keine universellen Maßstäbe, die für jeden gelten. Jeder von uns muss seinen eigenen Weg finden, seine eigenen Grenzen erkennen und lernen, im Einklang mit sich selbst und der Welt zu leben. Das Maß aller Dinge zu finden, ist eine lebenslange Reise. Es erfordert Weisheit, Selbstkenntnis und die Bereitschaft, immer wieder neu zu justieren. Es ist ein Prozess, der uns unser Leben lang begleitet. Das Gleichgewicht zwischen zu viel und zu wenig zu finden, scheint kaum zu erreichen….
Das richtige Maß zu finden, ist oft ein Prozess des Ausprobierens und des Lernens aus Erfahrungen. Es erfordert Selbstreflexion und ein Bewusstsein dafür, wie unsere Handlungen uns selbst und andere beeinflussen. In diesem Sinne ist das richtige Maß ein individueller Weg, der sich im Laufe des Lebens weiterentwickelt und anpasst. In der Praxis bedeutet dies, dass wir lernen müssen, auf unseren Körper und unsere Intuition zu hören, um zu erkennen, was für uns persönlich das Beste ist. Es bedeutet auch, dass wir offen sein müssen für Veränderungen und bereit, unsere Gewohnheiten und Ansichten zu überdenken, wenn sie nicht mehr zu unserem Wohlbefinden beitragen.
Das richtige Maß ist also nicht nur eine Frage der Quantität, sondern auch der Qualität unserer Entscheidungen und Handlungen. Es ist ein Wegweiser zu einem ausgeglichenen und zufriedenen Leben.
An dieser Stelle muss man immer wieder den Blick auf das Thema Loopen und die „Dunkle Seite des Loops“ werfen (siehe dazu auch diesen Artikel: Die dunkle Seite des Loops! ). Denn auch hier geht es im Grunde darum, das passende Maß an Anstrengung zu finden, um seine (möglichst sinnhaften) Ziele in der Diabetes-Therapie zu erreichen und dadurch eine persönliche Zufriedenheit zu erreichen ohne sich selbst zu überfordern.

Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedes Mal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch.